Salzburg

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Bettelverbote im Bundesland Salzburg
verfasst von Heinz Schoibl / Helix – Forschung und Beratung, Salzburg 02/2015

Nachdem im Jahr 2011 der Oberste Gerichtshof Österreichs feststellte, dass ein totales Bettelverbot, wie es von der Salzburger Landesregierung im Landessicherheitsgesetz verankert hatte, gegen das Menschenrecht auf frei Meinungsäußerung verstößt, wurde 2012 das Salzburger Landessicherheitsgesetz novelliert.

§ 29 (1) Bettelverbote
Das im § 29 neu gefasste Bettelverbot stellt nunmehr folgende Tatbestände unter Strafe:
„(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
1. in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen, unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, bettelt;
2. unter Mitwirkung einer unmündigen minderjährigen Person in welcher Form auch immer bettelt;
3. eine andere Person zum Betteln, in welcher Form auch immer, veranlasst oder Betteln organisiert;
4. entgegen einer Verordnung gemäß Abs. 2 bettelt.
… … …
(5) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 sind zu ahnden:
1. in den Fällen des Abs 1 Z 1, 2 und 4 sowie des Versuchs dazu mit Geldstrafe bis 500 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche;
2. in den Fällen des Abs 1 Z 3 sowie des Versuchs dazu mit Geldstrafe bis zu 10.000 € und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.
Bei Vorliegen von Erschwerungsgründen kann auch der Verfall des Erbettelten oder daraus Erlösten ausgesprochen werden.“

§ 29 (2) – Sektorale / zonales Bettelverbot

Der Absatz (2) des § 29 LPSG Salzburg ermächtigt zudem die Gemeinden Salzburgs, per Verordnung bestimmte Bereiche des städtischen Gebietes (z.B. vor Kirchen, Einkaufszentren etc.) als „bettelfreie“ Zonen auszuweisen.
Ein entsprechender Antrag wurde von der ÖVP-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Salzburg eingebracht, bis dato jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt (auch von der FPÖ, die diese Vorschlag als unzureichend kritisierten).

Erläuterungen zum Terminus „Organisiertes Betteln“
Der Straftatbestand des „organisierten Bettelns“ wird im Landessicherheitsgesetz, § 29 (1) Ziffer 3, nur ungenügend erläutert und definiert. Während der Gesetzeswortlaut lediglich darauf abstellt, die „Veranlassung“ anderer Personen zum Betteln oder Handlungen anderer Form zu setzen, um Betteln zu organisieren, mit Strafe zu bedrohen, eröffnen die entsprechenden Erläuterungen zu diesem Gesetz einen weiten Interpretationsspielraum. In Frage steht demgemäß, ob an der Logistik, die hinter einem konkreten Bettelvorgang steckt, mitgewirkt wurde. Unter die Organisation von Betteln fällt dann z.B. die Bereitstellung einer Mitfahrgelegenheit an den Ort, wo gebettelt wird, Hilfestellung in Bezug auf Nächtigung, Verpflegung und Hygiene, Gesundheit etc. Der Verdacht auf einen zugrundeliegenden logistischen Hintergrund genügt und kann eine Strafe von bis zu € 10.000 begründen.

Tatbestand der MittäterInnenschaft
Im Rahmen des Landessicherheitsgesetzes ist auch die Bestrafung von Personen möglich, die sich der Anwesenheit bzw. der Mitwirkung schuldig gemacht haben, z.B. ein bereitgestelltes Transportmittel genützt zu haben. Wer also in einem Pkw mitfährt, der Personen zum Ort des Bettelns befördert, erfüllt – unabhängig davon, ob diese Person dann wirklich beim Betteln angetroffen wird oder nicht – den Tatbestand der Mittäterschaft und kann – zumindest theoretisch – bestraft werden.

Strafpraxis in Salzburg
Der Blick auf die bisher vorliegenden Strafverfügungen macht deutlich, dass Polizei und Polizeijustiz sich letztlich nicht die Mühe machen, zu unterscheiden, ob in der Form „stillen Bettelns“ erlaubte Formen des Erwerbs von (finanziellen) Überlebensmitteln vorliegen, sondern dass es in erster Linie ganz einfach um Schikane, Einschüchterung und Vertreibung geht. Offensichtlich ist ihnen die Schwammigkeit der Gesetzesformulierungen gerade recht, um so auch „stilles Betteln“ abstrafen zu können.